Ausschnitt aus dem EIT.swiss MAGAZIN 03 / 2023

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Unternehmensnachfolge – Jung, frisch und anders

Cäsar Lauber hat «Elektriker» gelernt, die Meisterprüfung und ein Nachdiplomstudium in Betriebswirtschaft absolviert und wollte später in das elterliche Elektrogeschäft einsteigen. Dies kam aus verschiedenen Gründen nicht zu Stande, und so übernahm er am 1. März 2007 die Leutwyler Elektro AG in Lupfig. Heute leitet der 56-Jährige insgesamt fünf Elektrounternehmen mit 65 Mitarbeitenden. Vier der Unternehmen hat er übernommen, eines vor zwei Jahren selbst gegründet.

Aktuell macht sich der «Patron», wie er von seinen Mitarbeitenden liebevoll genannt wird, Gedanken, wie er die Nachfolge seiner Firmen erfolgreich regeln kann. Bis 65 will er aber auf jeden Fall noch arbeiten, das steht für ihn fest! «Ich habe noch ganz viele spannende Ideen und Ausbauprojekte, die ich in den nächsten Jahren umsetzen möchte. Die Firmenübergabe soll trotzdem frühzeitig geregelt werden. Dies gibt mir Zeit für meine Projekte.»

Wir nehmen es vorweg: Es steht eine Übergabe innerhalb der Familie im Fokus. Die Weichen wurden im Februar dieses Jahres gestellt. Inhaber Cäsar Lauber hat bei der Leutwyler Elektro AG eine Geschäftsleitung eingesetzt. Sie umfasst neben ihm selbst seinen Sohn Lukas Lauber, seine Schwiegertochter Laura Lauber und den langjährigen Mitarbeiter Ramon Zobrist. Das gesamte Unternehmensteam ist mit einem Durchschnittsalter von 34 Jahren (ohne Cäsar) jung und hat neue Vorstellungen und Ideen, wie ein modernes Elektrounternehmen erfolgreich geführt werden soll.

Das Team hat uns bereitwillig Einblick in seine persönliche und innovative Nachfolgestrategie für die Leutwyler Elektro AG gegeben. Es gibt viel Spannendes zu berichten.

Cäsar, welche Gründe haben dich dazu bewogen, eine Nachfolgeregelung innerhalb der Familie zu bevorzugen?

Für mich persönlich wäre es sicher einfacher gewesen, das Unternehmen zu verkaufen. Aber es ist eben auch mein «Baby». Ich freue mich sehr, dass meine Familie das Unternehmen aus eigenen Stücken weiterführen möchte und ich diese Übergabe die nächsten neun Jahre aktiv begleiten darf.

Lukas: Mir ist es an dieser Stelle noch ganz wichtig zu betonen, dass für uns zu keiner Zeit eine Verpflichtung oder ein Druck da war, das Unternehmen zu übernehmen. Dies war uns jederzeit freigestellt. Ich wollte jedoch nie die gesamte Verantwortung alleine übernehmen. Unser Modell bietet uns eine interessante Möglichkeit, wie wir unser Leben und unsere Arbeit in Zukunft organisieren können.

Welche Aspekte sind euch als designierte Nachfolger wichtig?

Laura: Das Modell der «Patrons» scheint in unseren Augen veraltet. Unsere Generation strebt eine gewisse Work-Life-Balance an. Die «Last» wird bei uns auf mehrere Schultern verteilt.

Wie meinst du das?

Wir werden nicht die gleiche Rolle wie unsere «Vorfahren» einnehmen (lacht). Wir sind der Meinung, dass ein Unternehmen auch dann erfolgreich geführt werden kann, wenn wir als Geschäftsführer nicht 20 Stunden pro Tag arbeiten. Die Vereinbarkeit von Job und Familie steht bei uns an erster Stelle. Lukas und ich arbeiten beide Teilzeit, Ramon zurzeit noch 100 Prozent. Cäsar ist im Unternehmen noch immer operativ tätig.

Lukas: Wir sind eine junge Familie und haben einen Sohn, der im September zwei Jahre alt wird. Ich möchte ihn nicht nur am Sonntag sehen, weil ich ständig am Arbeiten bin. Wir teilen uns die Arbeit, zu Hause und im Unternehmen.

Anstehende Arbeiten müssen dennoch erledigt werden.

Ramon: Wir haben uns als modernes Team organisiert und arbeiten zusätzlich mit digitalen Tools, die allen, von der Geschäftsleitung bis zum Monteur, zur Verfügung stehen. Dies ermöglicht uns eine neue, flexible Art der Zusammenarbeit.

Laura: Wir haben dank der Digitalisierung mehr Flexibilität. Ich kann mir frei einteilen, wann und wo ich arbeiten möchte. Das Telefon zum Beispiel nehme ich immer ab, wenn es die Situation zulässt. Was ich aber später von meinen Kindern nicht hören möchte, ist: «Du warst immer am Arbeiten.»

Und funktioniert es?

Lukas: Ja, es funktioniert sehr gut, für uns passt es, wir lernen jeden Tag dazu. Wir arbeiten sicher viel mehr als andere in unserem Alter, aber wir haben einen tollen Job und trotzdem ein Familienleben.

Laura: In unserem Modell ist es wichtig, dass jeder für sich auch einen Ausgleich zur Arbeit hat. Wir sind zudem an den Wochenenden viel mit dem Camper unterwegs. Das gibt uns die nötige Distanz.

Ist diese Nachfolgeregelung nicht auch eine grosse Aufgabe für ein so junges Team?

Ramon: Wir sehen sie vor allem als grosse Chance, es auf unsere Art zu machen. Das Vertrauen von Cäsar und der Umstand, dass er noch eine ganze Weile im Unternehmen ist, lassen uns genügend Zeit, um in die Rolle der Geschäftsführer hineinzuwachsen und uns zu organisieren. Er ist zudem sehr offen für neue Ideen, ich denke, das ist wichtig.

Lukas: Es ist eine komfortable Situation, die wir alle sehr schätzen. Die Ferienvertretung für Ramon, Laura und mich ist mit diesem Team-Modell um ein Vielfaches einfacher.

Hört sich wie ein neues, frisches und zukunftsfähiges Unternehmenskonzept an.

Laura: Ja, wir sind auf sehr gutem Weg mit unseren Ideen und Tools.

Hat das zeitgemässe Konzept positiven Einfluss auf die Suche nach neuen Mitarbeitern?

Ramon: Ich denke schon. Wir haben die Idee, künftig eine 4,5-Tage-Woche einzuführen. Wir finden dies nachhaltiger und sicherer, als eine ganze Arbeitswoche in vier Tage zu packen. Es gibt sehr viel Arbeit zu erledigen, und wir haben sehr viele sehr gute Mitarbeitende. Ein neues Arbeitszeitmodell wird auch ihnen einen Mehrwert bieten.

Laura: Ich glaube fest daran, dass sich ein neues Arbeitszeitmodell in der Branche etabliert. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern wann.

Noch eine abschliessende Frage an Cäsar: Welche Ratschläge würdest du anderen Betrieben geben, die sich auf eine ähnliche Unternehmensnachfolge vorbereiten?

Cäsar: Frühzeitig junge, talentierte, gut ausgebildete und motivierte Mitarbeitende suchen und ihnen schrittweise und kontinuierlich Verantwortung übergeben. So bleibt genügend Zeit, sie wo nötig zu begleiten und zu unterstützen. Ich sehe der Übergabe in neun Jahren gelassen entgegen und freue mich auf die Projekte, die ich noch vor mir habe.

Herzlichen Dank für den Einblick in eure interessante Nachfolgeregelung. Wir wünschen dem jungen Team alles Gute!

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